Immer wieder erreichen den HBDI Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu aktuellen Mikrozensus Befragungen. Ein Schwerpunkt dieser Anfragen ist, ob die umfangreichen Datenerhebungen, bei denen auch eine Vielzahl an sensiblen Daten erhoben wird, rechtmäßig sind. Ebenso wird angefragt, ob man sich diesen Befragungen ohne Konsequenzen entziehen kann.
I. Allgemeines
Der Mikrozensus ist eine gesetzlich angeordnete Repräsentativstatistik. Seit 1957 werden 1% aller Haushalte zu verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Umständen wie Familie und Lebenspartnerschaft oder Staatsangehörigkeit sowie Migrationshintergrund befragt. Auch die Arbeitsmarktbeteiligung oder die Erwerbstätigkeit sind Teil des Fragenprogramms. Allein für Hessen liefern rund 30.000 Haushalte solche Daten. Der Mikrozensus als Haushaltsbefragung zielt darauf ab, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft auf Grundlage einer unabhängigen und neutralen Faktenbasis zu informieren.
Neben der wichtigen Entscheidungsgrundlage für politische und wirtschaftliche Entscheidungen erfüllt der Mikrozensus die Datenlieferverpflichtung an die Europäische Union (EU). So ist die Bundesrepublik Deutschland nach der EU-Verordnung 2019/1700 beispielsweise dazu verpflichtet, Mikrodaten zu den Bereichen „Arbeitskräfte“ und „Einkommen und Lebensbedingungen“ an das statistische Amt der EU (Eurostat) zu übermitteln.
II. Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage für den Mikrozensus ist das Gesetz zur Durchführung einer Repräsentativstatistik über die Bevölkerung und die Arbeitsmarktbeteiligung sowie die Wohnsituation der Haushalte (Mikrozensusgesetz - MZG) in Verbindung mit dem Bundesstatistikgesetz (BStatG). Da einige Fragen aus dem Erhebungsprogramm des Mikrozensus im Einzelfall erhebliche Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen können, hat der Bundesgesetzgeber die Erhebungsmerkmale sehr detailliert festgeschrieben. Als „demografische Angaben“ nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 MZG werden beispielsweise das Geschlecht, der Kalendermonat und das Kalenderjahr der Geburt sowie der Familienstand erhoben. Die Entscheidung über die wesentlichen Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen obliegt dem Gesetzgeber und nicht den ausführenden Statistikbehörden.
Nach § 4 Abs. 1 MZG werden Erhebungseinheiten (also meldepflichtige Personen, sowie Haushalte und Wohnungen, vgl. § 3 Abs. 1 MZG) auf der Grundlage von Flächen oder vergleichbaren Bezugsgrößen (Auswahlbezirke) ausgewählt. Die Erhebungseinheiten werden durch mathematisch-statistische Verfahren bestimmt.
III. Datenschutzrechtliche Bewertung
Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) bietet in Art. 6 Abs. 1 lit. c, Abs. 3 und in Art. 9 Abs. 2 lit. j die entsprechenden Ausnahmen, die die Datenverarbeitung für Zwecke der amtlichen Statistik im Rahmen der gesetzlichen Grundlagen der Mitgliedstaaten erlauben. Das MZG und das BStatG stellen solche gesetzlichen Grundlagen dar.
Soweit das Statistische Landesamt Hessen sich an die Vorgaben des MZG und des BStatG hält, sind die Befragung im Rahmen des Mikrozensus aus datenschutz- rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
Die Daten dürfen nur für statistische Zwecke verwendet werden. Bei der Datenverarbeitung werden Name und Anschrift von den Fragebögen getrennt gespeichert. Sie dürfen nur zur organisatorischen Durchführung der Befragung genutzt werden. In den Daten, die statistisch ausgewertet werden, sind keine Namen und Anschriften enthalten.
IV. Pflicht zur Teilnahme
Gemäß § 13 MZG besteht für den Mikrozensus eine Auskunftspflicht. Die Betroffenen sind also verpflichtet, zu den dort genannten Erhebungsmerkmalen Angaben zu machen. Die Auskunftspflicht erstreckt sich nach § 13 Abs. 2 MZG auf alle volljährigen Haushaltsmitglieder. Befreiungen von der Auskunftspflicht sind grundsätzlich nicht gesetzlich vorgesehen. Kann eine volljährige Person aufgrund einer Krankheit oder wegen einer Behinderung keine Auskunft geben, so sind die anderen Haushaltsmitglieder bzw. der Betreuer oder die Betreuerin auskunftspflichtig (§ 13 Abs. 3 MZG).
Bei Personen, die der Auskunftspflicht trotz Erinnerung und Mahnung nicht nachkommen, kann ein Bußgeldverfahren (§ 23 BStatG) oder ein Zwangsgeldverfahren (§ 76 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz) eingeleitet werden.